Über die Macht der Wirtschaftsmodelle und den Aufruf zur Änderung der Modellierungspraktiken.
Wirtschaftsmodelle sind in vielerlei Hinsicht mächtige Werkzeuge. Wie alle wissenschaftlichen Modelle können diese Instrumente für verschiedene Zwecke verwendet werden. In den klassischen Darstellungen der Wissenschaftstheorie wird die Trias Erklärung, Vorhersage und Gestaltung betont, die sich leicht durch einfache deduktiv-nomologische Modelle darstellen lässt. Solche Modelle sind hilfreich, da sie es ermöglichen, grundlegende Konzepte wie gesetzesähnliche Mechanismen, die Ableitung einer überprüfbaren Vorhersage oder die Anwendung einer Theorie zur Erreichung eines bestimmten Ziels (d. h. „Design“) zu veranschaulichen.
Heterodox Economics Newsletter
Der Heterodox Economics Newsletter wird herausgegeben von Jakob Kapeller und erscheint im dreiwöchentlichen Rhythmus mit Neuigkeiten aus der wissenschaftlichen Community multiparadigmatischer ökonomischer Ansätze. Der Newsletter richtet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.
Wirtschaftsmodelle verfügen jedoch auch über eine politische Macht, die über die bloße Anwendung von Modellen für enge Gestaltungszwecke hinausgeht, wie sie von deduktiv-nomologischen Modellen erfasst werden. Vielmehr sind Wirtschaftsmodelle typischerweise mit einem bestimmten normativen Zweck verbunden, der sich auf Effizienz, Beschäftigung, Stabilität oder eine andere, implizite oder explizite Zielvariable konzentriert. Auch vermittelt das Wissen über Wirtschaftsmodelle eine bestimmte Form von politischem Fachwissen im öffentlichen Diskurs, die Annahmen und Vorstellungen, die in solchen Modellen verankert sind, prägen unsere Sichtweise auf wirtschaftliche Fragen, und Wirtschaftsmodelle können als Blaupausen verwendet werden, auf die bestimmte ideologische Visionen projiziert werden, wie etwa unregulierte Märkte oder perfekte Sozialplanung. In der Tat wurde schon vor langer Zeit festgestellt, dass „analytische Idealtypen“ sich „allzu leicht in politische Ideale verwandeln können“ (Myrdal, 1954 [1932], The Poltical Element in the Development of Economic Theory, S. 104).
Darüber hinaus legt die Forschung zur Performativität von Wirtschaftsmodellen (siehe hier, hier oder hier für Beispiele) den Schwerpunkt auf Wirtschaftsmodelle, die direkt als zentrale Entwürfe und/oder Informationsmittel für politische Entscheidungen und deren Operationalisierung eingesetzt werden. Es wurde dokumentiert, dass diese Modelle auf formelle und informelle Weise Macht ausüben, die oft mit negativen Folgen verbunden ist. Vor diesem Hintergrund fand ich die Initiative von Camille Souffron und Pierre Jacques besonders bemerkenswert und wichtig, die darauf abzielt, die EU-Kommission zur Verwendung von Modellen aus der heterodoxen Wirtschaftswissenschaft zu bewegen. Sie können ihren Aufruf für eine Änderung der Modellierungspraktiken unterzeichnen, indem Sie hier Ihren Namen hinzufügen, und natürlich können Sie unten weitere Einzelheiten über ihre Agenda nachlesen.
Best,