Es ist wich­tig nach gemein­sa­men Grund­la­gen zu stre­ben, beson­ders in der plu­ra­len Öko­no­mie? Ein paar Bei­spiele für inter­es­sante Arbeiten.

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Wenn ich meine redak­tio­nel­len Worte fest­lege, nutze ich oft die Gele­gen­heit, um auf die Vor­züge von Plu­ra­lis­mus, Viel­falt und Auf­ge­schlos­sen­heit im öko­no­mi­schen Den­ken hin­zu­wei­sen. Und auch wenn ich sicher­lich zu mei­nen Wor­ten stehe, sollte meine Beto­nung nicht die Tat­sa­che außer Acht las­sen, dass die poli­ti­sche Öko­no­mie und die hete­ro­doxe Öko­no­mie auch nach gemein­sa­men kon­zep­tio­nel­len Grund­la­gen stre­ben müs­sen, um Klar­heit, Kohä­renz und Zusam­men­halt zu för­dern. Aus die­ser Über­zeu­gung her­aus habe ich die Defi­ni­tion der „hete­ro­do­xen Öko­no­mie“ auf der Web­site des News­let­ters auf gemein­same intel­lek­tu­elle Grund­la­gen gestützt, die mei­ner beschei­de­nen Mei­nung nach als Anker­punkte für unse­ren gesam­ten Bereich die­nen könnten.

Hete­ro­dox Eco­no­mics Newsletter

Der Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter wird her­aus­ge­ge­ben von Jakob Kapel­ler und erscheint im drei­wö­chent­li­chen Rhyth­mus mit Neu­ig­kei­ten aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­nity mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher öko­no­mi­scher Ansätze. Der News­let­ter rich­tet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.

Die Werk­zeuge und Instru­mente zur För­de­rung sol­cher gemein­sa­men Grund­la­gen gehen jedoch über den Ver­weis auf einige kon­ven­tio­nell geteilte Ideen hin­aus, son­dern umfas­sen auch wei­chere Fak­to­ren: die Ent­wick­lung gemein­sa­mer Ter­mi­no­lo­gien, die För­de­rung gemein­sa­mer Visio­nen für die Lehre der poli­ti­schen Öko­no­mie, die Iden­ti­fi­zie­rung eines Kern­be­stands an Lite­ra­tur oder die Ver­füg­bar­keit all­ge­mein anwend­ba­rer Werk­zeuge, die dazu bei­tra­gen, diese gemein­sa­men intel­lek­tu­el­len Grund­la­gen zu vermitteln.

Die Aus­ar­bei­tung und Ent­wick­lung sol­cher Instru­mente und Ansätze, die dazu bei­tra­gen, die ver­schie­de­nen Begriffe und Rich­tun­gen der hete­ro­do­xen Wis­sen­schaft mit­ein­an­der zu ver­knüp­fen, ist schwie­rig, da sie sowohl Geduld als auch Über­sicht erfor­dert. Ein klas­si­sches Bei­spiel für eine sol­che „Insti­tu­tion“ – die fan­tas­ti­sche „History of Eco­no­mic Thought Web­site“, die von dem unglaub­li­chen Gon­calo L. Fon­seca zusam­men­ge­stellt wurde – wurde an die­ser Stelle bereits mehr als ein­mal vor­ge­stellt, aber ich habe mich gefreut, in den letz­ten Wochen wei­tere Bemü­hun­gen in diese Rich­tung zu sehen, und ich möchte die Gele­gen­heit nut­zen, um einige davon hervorzuheben.

Zum einen gibt es eine wach­sende Zahl bemer­kens­wer­ter Bücher, die von hete­ro­do­xer Wis­sen­schaft geprägt oder für diese rele­vant sind, so dass es schwie­rig wird, sie zu über­se­hen und sys­te­ma­tisch zu bewer­ten. Um die­sen Ent­wick­lun­gen zu begeg­nen, haben zwei Zeit­schrif­ten in letz­ter Zeit Initia­ti­ven ergrif­fen, um den Stel­len­wert und die Bedeu­tung von Buch­be­spre­chun­gen zu erhö­hen, näm­lich die Review of Evo­lu­tio­nary Poli­ti­cal Eco­nomy (siehe hier ihren Call for Papers für erwei­terte Buch­be­spre­chun­gen) sowie Con­tri­bu­ti­ons to Poli­ti­cal Eco­nomy (die kürz­lich eine Aus­gabe ver­öf­fent­licht hat, die aus­schließ­lich erwei­ter­ten Buch­be­spre­chun­gen gewid­met ist). Mei­ner Mei­nung nach sind dies sehr begrü­ßens­werte Ent­wick­lun­gen, die das Poten­zial haben, erheb­lich zur Kohä­renz inner­halb unse­res Fach­ge­biets beizutragen.

Zum ande­ren ist die gemein­same Nut­zung von Lehr­mit­teln aus hete­ro­do­xer Sicht noch stark ver­bes­se­rungs­wür­dig. Vor die­sem Hin­ter­grund war ich sehr begeis­tert, als ich hörte, dass Kars­ten Koh­ler und Franz Prante so viel Mühe in ihre sehr über­sicht­li­che Web­site über makro­öko­no­mi­sche Modelle gesteckt haben. Die Web­site stellt ein äußerst wert­vol­les Lehr­mit­tel dar, das Makro­mo­delle aus ver­schie­de­nen Tra­di­tio­nen und Kon­tex­ten ein­be­zieht und die Mög­lich­keit bie­tet, eigene Modell­si­mu­la­tio­nen in einem sehr zugäng­li­chen Rah­men durch­zu­füh­ren. Dar­über hin­aus wird all dies von schö­nen Modell­be­schrei­bun­gen und ‑visua­li­sie­run­gen beglei­tet, die die Inhalte auch für Neu­linge zugäng­lich machen.

Schließ­lich hängt die Kohä­renz inner­halb unse­res Fach­ge­biets oft auch von der Sicht­bar­keit außer­halb unse­res Fach­ge­biets ab. Die Ver­mitt­lung unse­rer Kern­be­griffe auch an den öko­no­mi­schen Main­stream und an andere aka­de­mi­sche Dis­zi­pli­nen ist eine wei­tere wesent­li­che – und zumin­dest beim Main­stream – oft schwie­rige Auf­gabe. Daher habe ich mich gefreut, dass ein Arti­kel über Unsi­cher­heit als hete­ro­do­xen Kern­be­griff sei­nen Weg in World Deve­lo­p­ment gefun­den hat: Er trägt den sehr schö­nen Titel „Eco­no­mics for an uncer­tain world“ und wurde von George DeMar­tino, Ilene Grab­hel und Ian Scoo­nes ver­fasst. Vie­len Dank für die Mühe an die Autoren die­ses wich­ti­gen und gut aus­ge­ar­bei­te­ten Papiers, das hof­fent­lich viel Ein­fluss haben wird ;-)

In die­sem Sinne, wei­ter so und alles Gute,

Jakob
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