Über Anreiz­wir­kun­gen im Ener­gie­sek­tor, den sel­te­nen Fall, dass das Ange­bot die Nach­frage nicht abde­cken kann und Öko­lo­gi­sche Ökonomik. 

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Ich hatte in den letz­ten Tagen ein Gespräch mit mei­nem Klemp­ner. Er ist ein klu­ger Mann, der oft Geschich­ten erzählt, die mein wirt­schaft­li­ches Gespür schär­fen. Vor ein paar Mona­ten erzählte er mir, wie sein Unter­neh­men begann, Vor­leis­tun­gen zu hor­ten, um der zuneh­men­den Unsi­cher­heit über die Zuver­läs­sig­keit der Ver­sor­gung durch glo­bale Wert­schöp­fungs­ket­ten zu begeg­nen. Zwar kam es nie zu einem logis­ti­schen Eng­pass, aber allein die Mög­lich­keit eines sol­chen Eng­pas­ses änderte die Erwar­tun­gen des Unter­neh­mens in einer Weise, die zu selbst­ver­stär­ken­den Effek­ten führte, da eine ver­stärkte Hor­tung offen­sicht­lich zusätz­li­chen Druck auf die Nach­frage nach sol­chen Inputs aus­übt. Ähn­lich wie bei Mer­tons klas­si­schem Bei­spiel eines Bank-Runs durch­drin­gen sol­che Fälle von sich selbst ver­stär­ken­den Erwar­tun­gen im Beson­de­ren (und von sich selbst ver­stär­ken­den Effek­ten im All­ge­mei­nen) wirt­schaft­li­che Pro­zesse und machen sie zu kom­ple­xen Objek­ten, die sich leicht auf uner­war­tete, nicht lineare Weise ent­wi­ckeln können.

Hete­ro­dox Eco­no­mics Newsletter

Der Hete­ro­dox Eco­no­mics News­let­ter wird her­aus­ge­ge­ben von Jakob Kapel­ler und erscheint im drei­wö­chent­li­chen Rhyth­mus mit Neu­ig­kei­ten aus der wis­sen­schaft­li­chen Com­mu­nity mul­ti­pa­ra­dig­ma­ti­scher öko­no­mi­scher Ansätze. Der News­let­ter rich­tet sich an einen Kreis von mehr als 7.000 Empfänger*innen und zählt schon weit mehr als 250 Ausgaben.

Die­ser Tage erzählte er mir, dass sein Tele­fon seit Beginn des Krie­ges in der Ukraine stän­dig heiß läuft, weil die Men­schen von Gas und Öl auf alter­na­tive Heiz­mög­lich­kei­ten umstei­gen wol­len. In Öster­reich, mei­nem Hei­mat­land, ist dies ein gro­ßes Pro­blem, da ein Groß­teil der Hei­zun­gen auf fos­sile Ener­gie ange­wie­sen sind und viel fos­sile Ener­gie aus Russ­land impor­tiert wird. Und in der Tat zeigt die Beschrei­bung mei­nes Instal­la­teurs deut­lich, dass es sich hier um einen der eher sel­te­nen Fälle han­delt, in denen das Ange­bot die Nach­frage nicht abde­cken kann oder zumin­dest nicht ohne erheb­li­che Ver­zö­ge­run­gen von meh­re­ren Mona­ten, in man­chen Fäl­len sogar Jah­ren, abdeckt. Wäh­rend dies eine inter­es­sante Beson­der­heit ist, die uns ein wenig dar­über infor­miert, wie kon­tin­gent das Zusam­men­spiel zwi­schen Ange­bot und Nach­frage tat­säch­lich ist, ist die depri­mie­ren­dere Beob­ach­tung, dass die Angst vor Putins Aggres­sion und einem eska­lie­ren­den Kon­flikt mit der EU in Form von Wirt­schafts­sank­tio­nen das erreicht hat, was stän­dige Nach­rich­ten dar­über, wie unser Pla­net ver­brennt, nicht errei­chen konn­ten: näm­lich die öster­rei­chi­sche Bevöl­ke­rung zu einer groß ange­leg­ten Ver­schie­bung der Prä­fe­ren­zen für alter­na­tive Heiz­sys­teme zu moti­vie­ren. Wäh­rend ich das Gesamt­ergeb­nis in die­sem Fall natür­lich zu schät­zen weiß (bes­ser jetzt als nie!), hätte ich mir eine auf­ge­klär­tere und vor­aus­schau­en­dere Vor­ge­hens­weise mei­ner Lands­leute gewünscht, da ein frü­he­res Anstre­ben eines Umstiegs es uns offen­sicht­lich ermög­licht hätte, das mit einer sol­chen groß ange­leg­ten Umstel­lung der Hei­zungs­an­la­gen ver­bun­dene Poten­zial bes­ser auszuschöpfen.

Aus all dem ergibt sich, dass mein Klemp­ner in gewis­ser Weise mit Elon Musk ver­gleich­bar ist: Beide sind Ein­zel­per­so­nen, die uns hel­fen, unser öko­no­mi­sches Gespür für das Ver­ständ­nis des Innen­le­bens des Kapi­ta­lis­mus zu schär­fen. Elon macht das der­zeit sehr gut – durch den simp­len Kauf von Twit­ter zeigt er sehr gut, wie angreif­bar pri­vate Medien für die pri­va­ten Inter­es­sen derer sein kön­nen, die an der Spitze der Ver­mö­gens­ver­tei­lung stehen. ;-)

Alles Gute!

Jakob
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PS: In die­ser Aus­gabe habe ich ver­sucht, einige The­men ein­zu­bauen – wie z.B. Infor­ma­tio­nen über eine neue Zeit­schrift zur Kreis­lauf­wirt­schaft oder einige Bücher, die sich mit Inno­va­ti­ons­stu­dien befas­sen – die für die drin­gend benö­tigte sozial-öko­lo­gi­sche Trans­for­ma­tion von Bedeu­tung sein könn­ten. Gene­rell ver­su­chen wir, den wach­sen­den Dis­kurs der Öko­lo­gi­schen Öko­no­mik bes­ser in den Griff zu bekom­men, aber wir sind dar­auf ange­wie­sen, dass Forscher*innen, die in die­sem Bereich aktiv sind, uns mehr Infor­ma­tio­nen zukom­men las­sen – ich habe das Gefühl, dass wir der­zeit zu viele schöne Ver­an­stal­tun­gen, Zeit­schrif­ten­aus­ga­ben und Kon­fe­ren­zen ver­pas­sen, die mit öko­lo­gi­schen The­men im All­ge­mei­nen und Öko­lo­gi­scher Öko­no­mik im Beson­de­ren zu tun haben. Wenn Ihnen also etwas auf­fällt, das auch in den News­let­ter auf­ge­nom­men wer­den sollte, lei­ten Sie es bitte an newsletter@heterodoxnews.com weiter!

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